Lieber Weinfreund, liebe Weinfreundin!

Es sind die schwierigsten Zeilen meines Lebens. Zeilen, mit denen ich in tiefer Trauer bekannt geben muss, dass mein lieber Vater, Mentor, beruflicher Wegbegleiter, Freund, Lehrmeister und Gründer unseres Weinguts Heribert Bayer im Himmel ist.

Heribert hat ein bewegtes und erfülltes Leben geführt. Kaum jemand hat sein privates und berufliches Dasein so zelebriert und ausgekostet wie er und gleichzeitig so wenig benötigt, um wirklich glücklich zu sein.

Ein Glas Wein, der Blick in seinen akribisch gepflegten Garten gerichtet, vielleicht eine Zigarre in der Hand, mehr musste es nicht sein, um vollkommenes Glück zu verspüren. Seine Liebsten waren für ihn immer vorrangig. Wer Heri zu seinen Freunden zählen durfte, hatte einen treuen Weggefährten an der Seite, denn für meinen Vater waren seine engen Freunde ein Schatz, den er gehegt und gepflegt hat. Diese wirklich tiefgehenden Freundschaften waren aufrichtig, genauso, wie man sie sich wünschen kann. Denn er war kein Ja-Sager und dadurch konnte man von ihm immer eine aufrichtige Antwort erwarten, auch wenn sie hie und da nicht die war, die man sich erwartet hätte. Aber genau solche Freunde braucht man im Leben, authentisch und unfiltriert.

Seine Liebe war echt und pur, nicht von Floskeln geprägt und auch nicht der Stoff, der als Drehbuch für einen Rosamunde Pilcher Film dient. Sie war stets präsent und immer spürbar. Seine Sissy war für ihn immer sein Fels in der Brandung, ein Mikrokosmos, um den sich sein kleines Universum drehte. Wirklich vollkommen hat er sich immer nur mit ihr an seiner Seite gefühlt.

Leidenschaft hat er in alles gesteckt, das er je angegriffen hat. Ob es die Musik war, welche seine Jugend und frühes Erwachsenenleben geprägt hat. Stets hat er voller Stolz berichtet, dass seine Band, in der er als Bassist und auch Lead Sänger agierte, schon in den 60er Jahren ganze Ballsäle füllen konnte. Das Fliegenfischen hat er wie eine eigene Philosophie betrieben. Früh morgens ging es zur Expedition, um zu sehen, welche Insekten sich am Wasser tummeln. Im Anschluss daran hat er in stundenlanger Detailarbeit eben diese Tiere beim Fliegenbinden imitiert und nach kürzester Zeit genau die eine Forelle gefangen, die ihm vom Wirt seines Vertrauens dann à la minute zubereitet wurde. Abgelöst wurde dieses Hobby dann vom Segelsport. Er sagte immer, er könne nur ein Hobby in der Perfektion ausüben, die seinem eigenen Anspruch genügen würde. Dies bewies er, als er in seiner Bootsklasse bei den Shark Weltmeisterschaften als ältester Fahrer einen durchaus respektablen 8. Platz einfuhr.

Eine Leidenschaft übertraf aber alles bei weitem, und das war der Wein. Diese Leidenschaft, schon in Jugendtagen von seinem Vater an ihn weitergegeben, war seine Quintessenz. Es gab keine Fachliteratur , egal ob in deutscher, englischer oder auch italienischer Sprache verfasst, die er nicht gelesen, kaum namhafte Weine, die er nicht verkostet hat. Aber sein Herz schlug in zweiter Konsequenz immer für den österreichischen Wein, in dem er schon das hohe Potenzial sah, als das Wort Qualitätswein gerade erst in das Weingesetz aufgenommen wurde. Und so wurde aus einer Sammelleidenschaft etwas viel Größeres. Ein Beitrag zur Geschichte des österreichischen Weinbaus, besonders für die Rotweine des Burgenlands. Als önologischer Berater zahlreicher namhafter Betriebe schaffte er, beginnend im Jahr 1986, nicht nur herausragende Weine, welche den Vergleich mit den großen internationalen Namen, die er in seiner Vergangenheit schon verkostet hatte, nicht scheuen mussten, er war sogar teilweise für die Namen dieser Weine verantwortlich. Er meinte, solche Einfälle habe er meistens beim Autofahren gehabt. Die malolaktische Gärung oder der Einsatz von Barrique war zu dieser Zeit entweder ein Fremdwort, oder schlichtweg abgelehnt. Es sollte nicht lange dauern, bis dies von nahezu jedem Weinbaubetrieb angewendet wurde.

Die Erfüllung seines Lebenstraums war dann schließlich der eigene Wein. Mit „In Signo Leonis“ manifestierte er seine Vorstellung eines authentisch österreichischen Weins von internationaler Klasse. Neckenmarkt wurde nach über 3 jähriger Suche sein absolutes Traum-Terroir und im zarten Alter von 60 Jahren entschloss er sich, diesem Lebenstraum ein Zuhause zu geben. Die Kellerei In Signo Leonis wurde realisiert. Für diesen Schritt werde ich ihm mein Leben lang dankbar sein, denn diese diente auch als Fundament für meine Weinleidenschaft. Er hat mich vinophil geprägt, mir all sein Wissen vermittelt und ab meinem ersten Tag im Berufsleben freie Hand gegeben, eine Freiheit, die nicht jedem Jungwinzer zuteil wird. Tatsächlich hat er den ganzen Betrieb eigentlich nur für mich aufgebaut. Er hat sich, seitdem es die Marke Heribert Bayer gibt, keinen einzigen Euro als Lohn ausbezahlt und jeden Euro in die Verwirklichung unseres gemeinsamen Traums gesteckt. Ein Werk, das ich mit all meiner Kraft weiterführen werde.

Mit seinem letzten Wein „Einmalig“ hat er nochmals bewiesen, welch großartiges Geschick er im Weinkeller an den Tag legte. Dass der Name des Weins am heutigen Tage eine solche Bedeutung für meine Familie und mich erlangen würde, war uns jedoch nicht bewusst.

Ich bin dir so dankbar für unsere gemeinsame Zeit und ich werde dich immer im Herzen tragen. Du wirst unsere Familie nun als Schutzengel begleiten und bei jedem Glas Wein werden wir innig an dich denken. Du warst und bist ein einmaliger Mensch!

In liebe, dein Sohn!

 

Ein großes Danke !

Im Namen der gesamten Familie möchten wir uns für die zahlreichen ergreifenden und tröstenden Worte, schönen Erinnerungen und Geschichten, Beileidsbekundungen sowie die Nachrufe von euch Weinfreunden/Weinfreundinnen, Wegbegleiter, Kolleginnen/Kollegen, Partner, Sommelies, Weinkritiker und Fachjournalisten bedanken, die uns in den letzten Tagen  erreicht haben. Das schenkt Kraft! Danke.